Ein Pilot hat die wunderbare Aufgabe, seine Zuschauer davon zu überzeugen, weiterzuschauen. Er soll die Essenz der nachfolgenden Serie auszudrücken und etabliert im besten Fall schon gleich ein Erfolgsrezept, das über mehrere Episoden und Staffeln fortgesetzt werden kann.
In meiner neuen Kolumne “Alles auf Anfang” schau ich mir die Piloten von alten aber auch von aktuellen Fernsehserien an und entscheide, ob ich weitergucken würde oder ob der Pilot seine Aufgabe verfehlt hat. Ich nehme gerne Vorschläge für die Kolumne und für ihren Aufbau entgegen.
American Horror Story
Die Handlung in einem Satz: Eine dysfunktionale Kleinfamilie versucht ihren Problemen zu entkommen, zieht aber leider in ein Geisterhaus in L.A.
Weitere Infos: Startete am 5. Oktober 2011 auf dem amerikanischen Sender FOX und läuft dort immer mittwochabends.
Bekannte Gesichter: Die Hausherrin Vivien Harmon wird von Jessica Britton (Spin City, 24, West Wing) gespielt, ist mit dem Psychiater Ben (Dylan McDermott) verheiratet. Beide bekommen regelmäßig ungebetenen Besuch von ihrer extrovertierten Nachbarin, verkörpert durch die Oscar-Gewinnerin Jessica Lang (Blue Sky).
Das spezielle Etwas: Kann eine Fernsehserie wirklich in jeder einzelnen Folge so gruselig sein wie ein ganzer Horrorfilm? Genau das versucht American Horror Story herauszufinden.
Hingeschaut: Noch vor den eigentlichen Opening Credits, hat American Horror Story bereits gewonnen. Denn noch bevor die Harmon Familie einziehen darf, blicken wir im Intro in die Vergangenheit des Hauses. Wir schreiben das Jahr 1978. Eine langsame Kamerafahrt führt uns zum Haus, davor steht ein kleines mongoloides Mädchen in einem gelben Kleidchen und betrachte fasziniert das Anwesen. Als ein paar Zwillingsbrüder auftauchen und die prophezeit, dass die beiden dort drinnen sterben werden. Sie gehen natürlich doch rein und der Spaß kann beginnen. Die Kleine ruft noch hinterher:
„You gonna reget it! You gonna regret it!“
So wird der Serienschauer vorbei an allen bekannten Elementen des klassischen Horrorfilms vorbeigeführt: Kameraperspektiven aus der Sicht des unsichtbaren Beobachters, knarzende Türen und wirre Prophezeiungen, wobei der dunkle Keller das beliebteste Setting bleibt. American Horror Story strotzt nur so von Effekten, kleinen Psychospielchen und Andeutungen.
Die Tricks sind manchmal so einfach, dass man die Hände über dem Kopf zusammenschlägt und sich fragt, warum ist man nicht vorher darauf gekommen. So z.B. die Haushälterin. Während Sie durch die Augen von Vivien so alt wie das Haus selbst erscheint, wird ihre French Maid-Uniform in der Wahrnehmung ihres Mannes zu einem sexy Outfit und die greise Frau zu einer lasziven Aushilfe. Ohnehin wird die Sexualität in American Horror Story groß geschrieben, ist es doch der Sex, der für das eigentlich Problem der Familie Harmon verantwortlich ist. Das Haus jedoch potenziert die Lüste und Ängste:
All diese Effekte sind zwar nicht neu, aber in der Serie treten sie gehäuft auf. Im Pilot werden alle Türen des Hauses einen kleinen Spalt geöffnet, es hineingeschaut und geguckt, was sich dahinter für Geheimnisse verbergen.