Update: In der NZZ besprichte Marc Zitzmann eine Ausstellung Redons im Pariser Grand Palais.
Manchmal – und das soll in der Zukunft öfter passieren – möchte ich, aus meinem kleinen Elfenbeinturm noch andere Dinge außer Comics beobachten. Würd mich freuen, wenn es euch trotzdem interessiert. Heute freue ich mich z.B. über einen Bildband von Odilon Redon (1840-1916). Von wem, werdet Ihr fragen. Hier mehr zu dem Künstler.
Um zu erklären, wie ich auf Odilon Redon (kann den Namen nicht oft genug schreiben) aufmerksam geworden bin, muss ich etwas weiter ausholen: Als ich vor einigen Jahren in Edinburgh war, verwendete ich notgedrungen das WC der National Gallery of Scotland. Das Tolle an britischen Museen ist, sie sind kostenlos. Deshalb schlängelte ich vorbei an einigen Drucken und Gemälden zum Abort.
Genau in diesem Moment erspähte ich aus dem Augenwinkel ein kleines Bild von einem dunklen Ballon mit einem riesigen Augen darauf. Es spähte zurück. Nachdem ich meine Geschäfte erledigt hatte, verweilte ich längere Zeit vor den Drucken von Redon. Es waren vier an der Zahl, die sich, ebenso wie der ungewöhnliche Name, in meine Erinnerung einbrennen sollten.
Fast schon déjà vu-artig steig dieser düstere Ballon vor ein paar Wochen aus meinem Unterbewusstsein wieder nach oben. Odilon Redon, das fehlende Bindeglied zwischen Symbolismus und Surrealismus. Seiner Werke wurden auf der berühmten Armory Show (1913) ausgestellt, die zum Katalysator für die amerikanische Kunst wurde. Ich brauchte dringend mehr Bilder als nur diesen Ballon. Eine kurze Suche im Netz und schon schrie mir der Band meiner Wahl seinen Titel förmlich ins Gesicht:
Kein sehr beruhigender Einstieg muss ich zugeben. Leider sind die Reproduktionen der Bilder in dem Buch relativ blass, was gerade bei Redons „noirs„, seiner schwarzen Phase, einen wirklich schlechten Eindruck macht. Die Kontraste sehen grausam aus, obwohl die Originale doch in Wirklichkeit einen fiesen Gelbstich haben. Ich habe mich trotzdem für das Buch entschieden, da es von Texten begleitet wird, die den Künstler beeinflusst haben: Poe, Flaubert, Baudelaire. Redon hat sich nicht nur von ihnen inspirieren lassen, sondern auch ihre Bücher illustriert.
Habe mit dem Buch gestern einen gruseligen Abend verbracht, während ich Bullet with Butterfly Wings gehört habe. Die Smashing Pumpkins hätte Herrn Redon bestimmt auch gut gefallen. Welten voll starrender Augen und Skelette, die sich in Schatten hüllten (keine blöde Metapher, das tun sie wirklich) begeisterten mich, obwohl ich ansonsten wenig mit Esoterik oder Gothic am Hut hab.
Nachdem ich das Buch fertig angeschaut hatte, war mir klar, was ich bereits vorher schon wusste. Ich muss dringend zu einer Druckerei und mir Odilons The Smiling Spider in Großformat ausdrucken. Dann wird auch mein Flur des Nachts in Zukunft schreien: